später nachmittag
neben mir dampft eine große kanne tee
draußen laufen menschen in der sonne
die glocken schlagen
nachher gehen wir in's theater
und ich merke: niewieder wird es so sein,
nie wieder so wie genau jetzt.
nebenan übt mein großvater klavier
die sonne wandert am nachmittag über meine fenster
dann versinkt sie hinter dem schloss
ich bastel an meinen neuen alten kameras herum
plane mit ktinka den besuch im fotolabor in der villa
ich werde hier weggehen
den ort den ich sosehr liebe, an dem ich aber nicht glücklich geworden bin, verlassen
das haus wird verkauft
keinen grund nach leipzig zurück zu kommen
überhaupt keinen grund mehr, an einen ort auf dieser welt gebunden zu sein
ich hab angst den halt zu verlieren
kinder werden alt
und wachsen jedes jahr
bis sie sich irgendwann selber über den kopf wachsen
dann müssen sie raus um sich den kopf zu stoßen
eltern werden älter
sterben manchmal trotzdem schon ganz jung
und hinterlassen eine gewürfelte familie
wo kinder aufwachsen für die solche sachen wie alte häuser ganz wichtig sind
auch großeltern werden älter
und müssen entscheidungen treffen
die familie zusammenhalten
und sich aufs sterben vorbereiten
abschied nehmen
ich brauch ein neues rad, ein zimmer in berlin und endlich mehr mut
abschied nehmen, dazu habe ich noch eine weile
aber das ist auch schade und betrübt
...ich lese bereits zum 5. mal...Gedanken kommen dazwischen und wieder lesen...von vorne beginnen noch einige male. Ich kann dich verstehen....doch wird es nie stehen bleiben können.
ReplyDeleteDu sprichst mir aus der Seele. Finde solche Veränderungen sehr schwer und muss mir immer sagen, dass Veränderung eben zum Leben dazugehört. Wünsche dir einen guten Start in Berlin!
ReplyDeleteWie jede Blüte welkt
ReplyDeleteund jede Jugend dem Alter weicht,
blüht jede Lebensstufe,
blüht jede Weisheit auch und jede Tugend
zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern.
Es muss das Herz bei jedem Lebensrufe
bereit zum Abschied sein und Neubeginne,
um sich in Tapferkeit und ohne Trauern
in and're, neue Bindungen zu geben.
Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
der uns beschützt und der uns hilft zu leben.
Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten,
an keinem wie an einer Heimat hängen,
der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen,
er will uns Stuf' um Stufe heben, weiten!
Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise
und traulich eingewohnt,
so droht Erschlaffen!
Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise,
mag lähmender Gewohnheit sich entraffen.
Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde
uns neuen Räumen jung entgegen senden:
des Lebens Ruf an uns wird niemals enden.
Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde!
(Hermann Hesse)