Ich saß heute einem hässlichen, grauen Polizeibeamten gefühlte
Ewigkeiten gegenüber. Der immergleiche Rhythmus seines armseligen Lebens
hat ihn grau gemacht - vegilbtes Grau. Seine Finger zitterten vom aktuellen
Mangel seines offenkundig regelmäßigen Alkoholkonsums. Seine Haut war
wulstig - das trat ganz besonders an seinen Ohrläppchen zutage. Diese
sahen aus wie die Klöten eines nervigen kleinen Hundes. Zwischen seinem
Mittel- und Zeigefinger färbten sich sowohl Nagel und Haut braun und
orange. Durch die lange Büroarbeit und seine ungesunde Haltung bei der
er den überdehnten und offensichtlich nervenverkümmerten Daumen in
seinen Wangenknochen presste, hatte seine grobporige Haut auf den
Wangenknochen einen schwarz-grauen Farbton angenommen. Ich dachte
darüber nach, wie auch gerade jetzt an dieser Stelle ein von den
Nikotinfingern genährter Tumor sich von seiner Haut über den
Wangenknochen in seinen Mundraum fraß. Seine Kollegen gehören
offensichtlich zu der konsumierenden Zielgruppe dieser überaus
geschmacklosen Geschenkartikel. Denn hinter seiner rechten Schulter
blickte ich die ganze Zeit auf ein Schild. Dieser kleine dicke Junge mit
dem kleinen dicken Mädchen, die die Marke dieser Artikel verkörpern,
rannten in eine Rauchwolke gehüllt über den roten Hintergrund
"RAUCHERZONE Sichteinschränkung durch Bodennebel". Offensichtlich
zeichnete sich dieser ansonsten chrakterlose Polzisist bei seinen
Kollegen allein durch seinen offensichtlichen Nikotin- und obwohl auch
offensichtlichen, dennoch ungenannten Alkoholmissbrauch aus. In einer
seltsamen Ananchronie lief an der Wand über seiner anderen Schulter ein
kleinder dicker Bär auch in Richtung des Fensters. Der verpixelte Computerausdruck des Bären ließ dennoch erkennen, dass das Tier sportlich aktiv
sei und an Wettkämpfen teilnehme - die Nummer 2009 prangte auf seiner
Brust. Die Audrucke und Memos an der Wand waren ebenso vergilbt wie der
Typ vor mir.
Er hatte sich nun in seinem Computer eingelesen und wandte sich
mir zu - zumindest deutete er das in einer kaum merklichen Geste an. Ich
weiß nicht mehr genau woran ich das festmachen konnte. Ich war noch
zusehr in meinen Gedanken mit der Beobachtung seiner versteiften
Fingergelenke auf der rotblinkenden Computermaus beschäftigt. Die beiden nackten Kinder in der Rauchwolke
ignorierend und erneut mit dem Blick vorbei an seinem Klötenohrläppchen,
musterte ich sein Gesicht. Die Labilfalte schlug sich wie eine Furche
von seinen Nasenflügeln hinunter bis zu seinen sackförmigen
Schlabberwangen. Beim Lesen rümpfte er die Nase und bleckte die Zähne
etwas - eine Mimik, die laut meiner Sozialisation eher soetwas wie Ekel
andeutete. Das Mustern dieses Körpers mir gegenüber löste die intuitive
spiegelbildliche Mimik in meinen Zügen aus, glaube ich.
Ich
stellte fest, dass sein rechtes Augenlid viel tiefer hing, als das seines
anderen Auges. Hinter seiner Brille also war es ihm nötig seinen Kopf
soweit es ging nach oben zu ziehen um auf dem Bildschirm etwas in die
Maske seines Programms eingeben zu können. Am Ende seiner spindeldürren
Arme hackte er im Zwei-Finger-System meinen Senf in die Tastatur. Als er
mir meinen Perso zurückgab sah ich, dass seine Fingernägel nicht nur
lang und mattgelb waren, sondern auch noch unterschiedlich lang.
Als
wir fertig waren stand er hinter seinem Schreibtisch auf und brachte
mich zurück zum Eingang der Polizeistation. Er hatte es offensichtlich
schwer sich den graugestrichenen Gang hinunter bis zum Fahrstuhl zu
bewegen. Seine taub wirkende Hand spreizte er in einer wedelnden Geste
von seinem aufgedunsenen Körper ab. Seine unbehaarten Ärmchen wirkten
neben seinem seltsam quellenden Bauch noch spindeldürrer. Er
verabschiedete sich von mir und ich habe nicht einmal erfahren, wie er
heißt. Dennoch hatte ich seit Ewigkeiten nicht mehr die Gelegenheit
einen Menschen bis zum Aufsteigen des Ekels so ausführlich zu sehen.
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i love your photography, really. and although it seems to be "hip" right now, not everyone is a writer. please take pictures this is what you are really good at. and leave the written word to those who are good at that.
ReplyDeleteliebes unknown: ich habe auch angefangen zu fotografieren und war nicht "good at that". ich veröffentliche hier nichts mit den anspruch eine tolle leistung abzugeben. das ist mein gehirnoutput und im grunde geht es bei diesem geschriebenem auch um eine art bild - eines, dass ich eben nicht mit einer kamera eingefangen habe. daher empfinde ich diese art von notiz genauso wichtig für meine sammlung verschiedener impressionen.
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